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Weltreise mit Kindern

Du möchtest unbedingt die Welt sehen und würdest am liebsten sofort losziehen…Wäre da nicht die Familie…Und vor allem die Kleinen? Kann man eine Weltreise mit Kindern machen?

Selten habe ich bei den Diskussionen zu dem Thema Weltreise so viele Emotionen und so viele negative Äußerungen mitbekommen, als beim Punkt Familien auf Weltreise. Und natürlich sind die Bedenken des ein oder anderen besorgten Bürgers, ob im Freundeskreis oder in der Familie, irgendwo nachvollziehbar. Denn je nach Alter können die Kinder noch nicht für sich sprechen und selbst diese Entscheidung für sich treffen. Und da das Wohl der Kleinen allen am Herzen liegt, sehen die Omas und Opas, Freunde und Verwandte sie gerne wohlbehütet in Sicherheit.

Aber bereits an diesem Punkt könnte man auch ansetzen und hinterfragen, was denn genau diese „Sicherheit“ bedeutet. Die Sicherheit der Schule oder Sicherheit in Deutschland? Das, was einem auf Reisen passieren kann, kann zum großen Teil auch in der Heimatstadt passieren. Die Sicherheit, eine gute schulische Ausbildung zu bekommen? Vielleicht. Nur wie definieren wir gut? Ist es gut, wenn man alle Formeln der 9ten Klasse Physik auswendig kann? Hilft es dem Kind bei seiner beruflichen Laufbahn weiter? Und wenn ja, kann man diese Formeln nicht auch von einem anderen Land aus lernen?

Wenn man sich allen Fragen stellt und sich diese ehrlich beantwortet, dann werden die Meisten eventuell auch zugeben, dass sie aus dem in der Schule unterrichteten Stoff nie wieder was im Beruf oder allgemein im Leben gebraucht haben. Klar, man muss Lesen und Schreiben können. Sowie den Dreisatz und die Prozentrechnung. Aber brauche ich wirklich die 2te Ableitung der Funktion XY?

Man könnte ja sagen: klar. Wenn man zum Beispiel Ingenieur werden will oder einen ähnliche beruflichen Weg einschlagen möchte. Aber ist es auf jedes Kind anwendbar? Was, wenn das Kind einem sozialen Beruf nachgehen möchte oder Polizist oder Schreiner werden will?

Die Ausgestaltung des Lehrplans ist oft auch so ein Thema. Der ein oder andere erinnert sich bestimmt noch gut an seine Schulzeit. War es leicht nach zwei Stunden Musik Unterricht plötzlich sein Gehirn auf zwei Stunden Chemie umzustellen? Hätte man sich nicht gefreut, wenn man das interessante Kapitel in Biologie bis zum Ende durcharbeiten können? Und danach vielleicht noch vertiefen? Das Lernen nach dem wohl gemeinten, aber straffen und unflexiblen Plan des Kultusministeriums ist sicherlich nicht für jedes Kind eine Wohltat.

Wenn man dem Kind jedoch die wesentliche Materie beigebracht hat und er/sie im Stande sind den Lernstoff zu verarbeiten und zu verstehen, dann sollte es in heutiger Zeit mit all den Möglichkeiten wie Online-Unterricht, unzähligen Kursen, Büchern und Ressourcen sich die notwendigen Kenntnisse selbst aneignen können. Die Werkzeuge sind oft wichtiger als der eigentlich Lernstoff. Ich muss nicht alles wissen, aber ich muss wissen, wo ich es nachschauen kann und wie ich mein Problem lösen kann.

Davon abgesehen: was ist denn im Leben überhaupt „sicher“? Sicher ist nur der Tod. Wir haben einen begrenzten Zeitraum auf diesem wundervollen Planeten und den sollten wir weise nutzen. Denn die einzigen erstrebenswerte Ziele sind aus meiner Sicht: glücklich zu sein und jeden Ort besser zu hinterlassen, als wir ihn vorgefunden haben. Ob in der Heimat oder im Ausland.

Und wenn wir schon beim Thema Glück sind… Was macht ein kleines Kind glücklicher, als ausgeglichene Eltern, die auch Zeit für das Kind haben? Der Satz ist eventuell abgedroschen, aber dennoch nicht weniger aktuell und nicht weniger wahr:

Wir gehen arbeiten, um das Auto zu bezahlen, das wir brauchen, um zur Arbeit zu kommen.

Unbekannt

Spielkameraden kann das Kind auch unterwegs finden. Die Zeit mit seinen Eltern kann es aber nicht nachholen. Die Beziehung von Eltern und Kind wir im täglichen Leben aufgebaut: beim Spielen, beim Vorlesen, beim Abendessen, beim Zuhören und bei Diskussionen über Gott und die Welt. Dafür ist nun mal Zeit notwendig. Und die kommt bei Vollzeitjobs, Haushalt, Ballett- und Fußball-Kursen im Alltag der meisten Familien viel zu kurz.

Jeden Tag zahlen wir etwas ein auf das Erinnerungskonto unserer Kinder

Charles Swindoll

Natürlich, gibt es gewisse Einschränkungen, wenn man mit Kindern unterwegs ist. Manche Länder sollte man vielleicht auslassen. Manche Aktivitäten auch. Man sollten im Einzelfall entscheiden, wie lange man insgesamt unterwegs sein möchte und welche Länder man vielleicht auslassen sollte.

Kinder sind aber meist sehr robuste und anpassungsfähige Wesen. Sie sind offen, ohne Vorurteile und brauchen nicht viel. Das einzige ist, was sicherlich hilfreich und das Rezept zum Erfolg sein kann: ist langsam zu reisen. Das können wir aber unabhängig davon jedem nur ans Herz legen. Ob mit Kindern oder ohne.

Sehr inspirierend ist der Lebensweg der Familie Reichert. Zwar keine typische Weltreise, aber dennoch oder gerade deswegen, sehr beeindruckend. Seit über 20 Jahren unterwegs mit dem Wohnmobil kreuz und quer durch Europa sowie auch mal ans Ende der Welt. Trotz, dass die Kinder kaum die Schule besucht haben, haben sie nicht nur einen Schulabschluss machen können sondern jeweils ein Abitur. Vielleicht ist es ein sehr unkonventioneller Weg und sicherlich nicht für jede Familie geeignet. Bewundernswert und faszinierend ist er dennoch.

Im Interview mit dem SWR sagte Gabi Reichert zum Unterricht ihrer Kinder: „Lernen geht immer im Kopf“. Wenn man lernen will, lernt man auch. Gerade, wenn man ein Ziel vor Augen wie das Abitur, hat. Der Älteste, Esra, hat die Fächer alle selbstständig erlernt. Ein Abi mit 1,8 und ein mit Bestnote abgeschlossenes Studium ist sicherlich ein Beweis, dass Freilernen nicht nur möglich ist, sondern auch zum Erfolg führen kann.

Kinder werden sehr schnell erwachsen. Und wenn sie es werden, gehen sie ihre eigenen Wege. Bis dahin: nutze deine Zeit mit denen weise. Um es mit den Worten von Gabi abzuschließen:

„Ich werde es nie bereuen, zu viel Zeit mit meinen Kindern verbracht zu haben“

Gabi Reichert

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