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Eine Seereise mit Elefanten an Bord

ein Gastbeitrag über eine ganz besondere Reise


Ich heiße Astrid und komme aus der ehemaligen DDR. Beruflich bin ich 10 Jahre zur See gefahren und auf allen Weltmeeren geshippert. Während dieser Zeit habe ich viel erlebt und gesehen. Auf einer meiner Seereisen habe ich einen Tiertransport miterlebt und mich unsagbar verliebt, nämlich in einen kleinen Elefanten.

1979 waren wir mit dem Schiff auf einer Indienreise unterwegs.  Dieses Mal sollten wir eine ganz besondere Fracht an Bord nehmen. In Cochin wurden 2 Elefanten mittels Seilwinde auf’s Schiff gehievt. In Bombay (heute Mumbai) kam die nächste lebendige Fracht per LKW. Weitere 6 Elefanten wurden auf den Lukendeckel hochgewuchtet. Mit Spannung beobachtete die Crew das Spektakel von der Reling aus. 

Was war das für eine Aufregung für die Besatzung!! Zunächst bekamen alle Elefanten einen Namen von uns. Ich hatte mich verliebt in die zwei kleinsten Elefanten, namens Lissy und Jumbo. Lissy war etwa 1 Meter groß und sehr liebebedürftig. Sie war ja noch ein „Kleinkind“.

Unter den 8 Elefanten befand sich ein Bulle, der sehr aggressiv war. Wir durften nicht zu nah an den wilden Elefanten. An den Füßen wurden die armen Dickhäuter festgekettet und standen nun die gesamte Überfahrt bis nach Rostock auf der erhöhten Luke. Zwei ausgebildete Tierpfleger kümmerten sich Tag und Nacht um die Tiere.

Jede erdenkliche Minute in unserer freien Zeit verbrachten wir an Deck bei den Tieren. Im Beisein des Tierpflegers traute ich mich sogar auf einen der großen Elefanten zu sitzen. Ein tolles Gefühl!

In meiner Tasche hatte ich immer Würfelzucker für meine Lieblinge parat. Wenn Lissy mich sah, trompetete sie schon ganz laut und zog kräftig an meiner Tasche, um an den Zucker ranzukommen. Ich habe es geliebt, das Stückchen Zucker in ihren warmen und weichen Mund zu legen und den Rüssel zu streicheln. Wenn es Melonen zum Mittagessen gab, opferten wir diese gerne für die Tiere, denn ihr Futter war nicht gerade üppig. Einmal am Tag wurden sie von den Tierpflegern abgebraust und gebürstet, was die Tiere sehr geliebt haben.

Leider hatten wir auch sehr schlechtes Wetter auf der Überfahrt von Indien nach Rostock. Nicht so einfach für die armen Tiere. 20 Tage können bei hohem Seegang für Tiere und Besatzung zur Tortur werden!

Der wilde Bulle hat die Reise leider nicht überstanden. Eines morgens war er tot und bekam auf hoher See ein „Seemannsbegräbnis“. Keine schöne Erinnerung. Ich sehe ihn heute noch an der Seilwinde hängen, mit einem dicken Tampen um den großen Kopf und die Zunge weit rausgestreckt hing er über dem Meer und wurde langsam zu Wasser gelassen. Ahoi Jumbo!

Bei Einlaufen Rostock hieß es Abschied nehmen. Einige der Tiere wurden auf dem Landweg weiter transportiert: manche in die Tschechei, andere nach Skandinavien für den Zoo. 

Meine kleine Lissy war für den Rostocker Zoo gedacht. Nun stand sie da ganz traurig und alleine in einer Holzbox auf der Pier im Überseehafen. Ein paar Tränchen habe ich verdrückt … Lissy bekam als Lebewohlzeichen von mir noch eine Handvoll Zucker und Streicheleinheiten…

Die gesamte Reise dauerte 195 Tage, d.h. 195 Tage rund um die Uhr arbeiten und das bei Wind und Wetter. Eine Reise, die ich niemals vergessen werde.

Mehr über Astrid’s Reisen erfährst Du auf ihrem Instagram-Account

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