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Weltreise: Interview mit Julia und Simon

Julia und Simon aus Hamm in Nordrhein Westfalen sind gerade mal 31 und 33 Jahre jung und waren 2021 ein ganzes Jahr auf Weltreise. Dabei haben sie sehr viel erlebt. Zu viel für solch ein Alter, könnte man sagen. Dennoch haben sie aus jeder Situation das Beste gemacht und Erinnerungen fürs Leben gesammelt. Ihre schönsten und schlimmsten Erlebnisse, Budget und wie sie die Reise finanzieren verraten sie dir in dem spannenden Interview.


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Wie lange seid ihr schon unterwegs und wie lange möchtet ihr insgesamt unterwegs sein?

Wir sind am 2. Januar 2021 nach Costa Rica geflogen und seitdem mit kurzen Unterbrechungen unterwegs.

Leider nur noch bis kurz vor Weihnachten dieses Jahr, da wir ab Januar wieder unseren Jobs nachgehen werden.

Wie reist ihr? Wie ist euer Reisestil?

Wir waren sowohl mit Backpack, als auch mit Van in Europa und Namibia unterwegs.

Wir reisen mit Backpacks, sind aber nicht unbedingt low budget unterwegs. Wir schlafen ausschließlich in Doppelzimmern und geben auch gerne mal etwas Geld für bessere Hotels, Touren, Mietwagen oder fürs Essen gehen aus. 

Bei der Reise mit dem Van hatten wir ursprünglich vor, viel frei zu stehen, mussten aber feststellen, dass die Stellplatzsuche sehr zeitintensiv ist und die Plätze an sich auch nicht immer so schön sind wie man sich das vorstellt.

Außerdem haben wir an einigen Orten gemerkt, dass die Einheimischen die Wildcamper nicht gerne sehen. An einem freien Spot ist uns ein Motorradfahrer leicht gegen den Camper gefahren, als wir gerade schlafen wollten. Entweder um uns zu zeigen, dass wir nicht willkommen sind oder um zu testen, ob es lohnt den Camper aufzubrechen.

An anderer Stelle wurde lautstark in Richtung aller dort stehender Camper gestikuliert und gepöbelt. Viele hinterlassen die Plätze nicht so, wie man es erwarten würde oder verhalten sich, als wenn der Strandparkplatz ein Campingplatz wäre und deshalb sind die Anwohner unseres Erachtens auch zu Recht etwas genervt.

Wir haben im Endeffekt tatsächlich oft auf Campingplätzen gestanden. Was okay war, denn gerade während Corona haben wir den Tourismus in den Ländern, die davon abhängen, gerne unterstützt.

Seid ihr bisher mit dem gewählten Reisestil zufrieden?

Ja, absolut. Gerade die Abwechslung zwischen Backpack und Camper hat uns gut gefallen.

Wann und wie habt ihr die Entscheidung getroffen, eine Weltreise zu machen?

Wir waren nach unserem Studium in 2015 für 2 Monate in Hong Kong, Neuseeland, Australien und auf Bali. Bei dieser Reise haben wir einige Leute getroffen, die eine Weltreise gemacht haben. Daraufhin stand für uns fest, dass wir sowas auch irgendwann machen wollen.

Nach der Reise haben wir angefangen zu arbeiten und von da an jeden Monat Geld beiseite gelegt. Wir wollten aber erst Berufserfahrung sammeln und haben den ursprünglichen Abreisetermin auf Mitte 2020 festgelegt. 

Wie lange habt ihr euch auf die Weltreise vorbereitet?

Wir hatten knappe 5 Jahre Zeit um uns und unser Umfeld seelisch darauf vorzubereiten und Geld zu sparen.

Gab es besondere Herausforderungen bei der Vorbereitung?

Ursprünglichen haben wir unseren Abflug für den 12.6.2020 geplant und auch bereits unseren unbezahlten Urlaub abgewickelt, unsere Wohnung, Verträge und Versicherungen gekündigt und einen Lagerraum organisiert.

Wir hatten auch bereits einen Flug gebucht und wollten von Mexiko bis nach Chile reisen. Aber dann kam COVID-19 und wir mussten uns überlegen, ob wir wirklich an unseren Plänen festhalten wollen.

Nach Rücksprache mit unseren Arbeitgebern konnten wir unsere Reise um ein halbes Jahr verschieben, das war wirklich unser Glück. Denn im Juni 2020 wäre das Reisen deutlich schwieriger geworden. Auch Glück war, dass unser Vermieter noch keine Nachmieter gesucht hatte und wir in der Wohnung bleiben konnten. 

Wir mussten übrigens nicht nur die Reise, sondern auch unsere für den 6.6.20 geplante Hochzeit verschieben. Geheiratet haben wir im Endeffekt relativ spontan im September 2020. 

Habt ihr ein monatliches Budget festgelegt und wie hoch ist es?

Unser Sparziel lag pro Person bei 24.000 Euro, also 2.000 Euro pro Person im Monat. Das ist für die meisten Weltreisenden wahrscheinlich ziemlich viel. Da unser Geld aber nicht für mehrere Jahre, sondern nur für das Jahr 2021 reichen muss und wir danach wieder Geld verdienen, wollten wir beim Reisen nicht allzu viele Abstriche machen und immer aufs Geld schauen. 

Wie hoch waren die Kosten für die Vorbereitung der Weltreise?

Das hält sich total in Grenzen. Unsere Ausrüstung hatten wir schon oder haben uns fehlende Dinge zu Weihnachten oder zum Geburtstag schenken lassen. Uns fehlten auch nur wenige Impfungen und das Geld bekommt man zu einem Großteil von der Krankenkasse zurück. Von daher war es eigentlich nur die Auslandskrankenversicherung und das Geld war es auf jeden Fall wert.

Konntet ihr bis jetzt euer Budget einhalten?

Mehr oder weniger. Wir sind in diesem Jahr doch sehr viel geflogen. Das ist natürlich ein großer Kostenfaktor. Außerdem haben wir spontan eine Yogalehrer-Ausbildung auf Mallorca gemacht, das war auch vergleichsweise kostenintensiv. 😉 

Wie finanziert ihr die Weltreise? Habt ihr geerbt oder im Lotto gewonnen?

Wir haben ganz langweilig über mehrere Jahre Geld gespart. 

Wie steht es um eure Wohnung in der Heimat?

Wir haben zur Miete gewohnt und den Mietvertrag vor Abreise gekündigt.

Habt ihr das Arbeitsverhältnis ruhen lassen oder doch gekündigt?

Ende 2019 sind wir auf unsere Arbeitgeber zugegangen, haben von unseren Plänen erzählt und gefragt, ob sie für eine 1-jährige Freistellung offen wären. Wir hätten niemals gedacht, dass sie „Ja“ sagen, vor allem nicht beide Arbeitgeber, aber so war es. Das war echt cool und somit befinden wir uns beide aktuell im unbezahlten Urlaub. Für uns war das optimal. Wenn eine Freistellung jedoch nicht möglich gewesen wäre, hätten wir unsere Jobs gekündigt. 

Macht ihr euch Gedanken wegen Altersvorsorge?

Ja, aber nicht weil wir ein Jahr keine Beiträge gezahlt haben. 😉

Wie habt ihr euch für die Reiseroute entschieden?

Als wir losgeflogen sind, hatten wir nur eine Unterkunft und einen Spanischkurs in Costa Rica gebucht. Wir wollten Ende Februar zurückkommen und dann in unseren Van umsteigen. Aber dann war in Europa immer noch Lockdown und außerdem war es noch sehr kalt und deswegen haben wir spontan den Flug umgebucht und sind nach Ecuador geflogen.

Von da haben wir eigentlich immer alles spontan geplant und geschaut wo es für uns hingehen könnte. Eigentlich ist das mit der Spontanität nicht meine (Julia) Stärke, aber wir haben gelernt uns drauf einzulassen. 🙂

Welche Länder habt ihr schon besucht und welche sind noch geplant?

Wir waren zunächst in Costa Rica und Ecuador, inkl. Galapagosinseln. Danach ging es mit dem Van nach Slowenien, Italien, Österreich, Kroatien, Bosnien & Herzegowina, Montenegro, Albanien, Griechenland, nochmal Italien und die Schweiz.

Im September sind wir  nach Namibia geflogen und danach haben wir eine Yogalehrerausbildung auf Mallorca gemacht. Von da ging es nach einem kurzen Stopp in Madrid nach Sri Lanka, nach Dubai und jetzt sind wir in Mauritius.

Welcher Ort hat euch bisher am besten gefallen?

Julia: Costa Rica. Costa Rica ist landschaftlich unglaublich vielseitig. Es gibt Dschungel, Berge und Vulkane, Wasserfälle und unglaublich schöne Strände. Dazu kommt die riesige Tierwelt und das Pura Vida Lebensgefühl. Mir gefällt, dass Costa Rica fast ausschließlich Energie aus erneuerbaren Energien erzeugt und das Land Wert auf nachhaltigen Tourismus legt – ein Viertel des Landes stehen unter Naturschutz. Außerdem haben sie keine Armee und lösen somit sämtliche Probleme diplomatisch. 

Simon: Namibia. Es war das erste afrikanische Land, was ich bereist habe und es war somit eine komplett neue Erfahrung. Diese gefühlt unendlicher Weite muss man mal mit eigenen Augen gesehen haben. Die Wüste von Soussusvlei bei Sonnenaufgang und die Safaris in den Nationalparks sind der Hammer. 

Und welcher Ort oder welches Land hat euch überrascht?

Wahrscheinlich würden wir hier Slowenien sagen. Das war das erste Land, wo wir mit dem Van hingefahren sind und wir hatten eigentlich überhaupt keine Erwartungen. Es hat uns landschaftlich dort unheimlich gut gefallen und auch die Städte, wie z.B. Ljubljana oder Piran fanden wir super schön. 

Habt ihr auf der Reise etwas Negatives erlebt oder euch bedroht gefühlt?

Leider mussten wir relativ zu Beginn des Jahres eine schwere Zeit durchmachen, die die Reise in den Hintergrund rücken lassen hat. Nach Kopfschmerzen und zwei Krampfanfällen wurde Simon ins Krankenhaus in Quito (Ecuador) eingeliefert. Diagnose: Gehirntumor.

Die Diagnose war natürlich niederschmetternd und leider war es auch so akut, dass Simon einen Tag später in Quito operiert werden musste. Glücklicherweise waren wir zu dem Zeitpunkt in der Hauptstadt und nicht auf den Galapagosinseln oder irgendwo in der Pampa.

Es ist alles gut verlaufen und Simon hat heute keinerlei Nachwirkungen. Jedoch war nach diesem Vorfall erstmal nicht weiter an Reisen zu denken. Wir konnten erst 3 Wochen nach der OP zurück nach Deutschland fliegen. Dort gab nach Wiedersehen mit Familie und Freunden auch noch einige Nachuntersuchungen. Insgesamt haben wir eine 7-wöchige Zwangspause einlegen müssen, ehe wir mit dem Camper in Europa losgezogen sind. 

Zum Glück hatten wir eine Auslandskrankenversicherung, sonst wäre quasi das ganze Reisebudget durch die Operation und den Krankenhausaufenthalt aufgebraucht gewesen. 

Ansonsten gab es nur vereinzelt Momente, in den wir uns bedroht gefühlt haben, jedoch nichts weiter passiert ist. In Ecuador wollten wir in Quito an einer Free Walking Tour teilnehmen. Der Treffpunkt war jedoch nicht in der besten Gegend der Stadt und zu dem Zeitpunkt waren noch kaum Touristen in Ecuador. Jedenfalls hat sich der Guide verspätet und wir mussten dort einige Minuten warten und haben schon gemerkt, dass die ein oder andere Person ein Auge auf uns geworfen hatte. Zusätzlich kam eine Frau aus ihrem Laden und fragte, was wir hier machen würden. Als wir ihr erklärten, dass wir auf den Guide warten, bat Sie uns in den Laden, mit der Erklärung, dass es für uns dort nicht sicher sei. Da bekommt man dann schon ein ungutes Gefühl.


In einer anderen Situation sind wir bei einer Busfahrt (auch in Ecuador) von einem zwielichtigen Typen so intensiv beobachtet worden, dass wir davon ausgegangen sind, dass er sich gerade überlegt, wie er uns am Besten unsere Sachen abnehmen kann. Wir sind der Situation entkommen, indem wir aufgestanden sind und uns zu den anderen Mitfahrern ganz nach vorne gesetzt haben. 

Das soll jetzt niemanden Angst machen, im Endeffekt ist uns ja auch gar nichts passiert. Dennoch sollte man sich bewusst sein, dass Corona viele arme Menschen noch viel ärmer gemacht hat und viele von der Hand in den Mund leben. Wichtig ist in solchen Situationen auf sein Bauchgefühl zu hören.

Was war bisher der schönste Moment auf der Weltreise?

In knapp einem Jahr erlebt man natürlich unheimlich viel, aber ein paar besondere Momente gibt es natürlich trotzdem: 

  • Der Moment, als ich (Julia) zu Simon auf die Intensivstation durfte und die Ärzte mir sagten, dass die OP gut verlaufen ist.
  • Als wir in Costa Rica Schildkröten bei der Eiablage beobachten konnten. Wir waren bei Sonnenaufgang dort und der ganze Strand war voller Schildkröten. 
  • Safarimomente in Namibia – z.B. als wir gerade Löwen beobachtet haben, die faul im Schatten lagen und plötzlich eine Elefantenherde reinplatzte, die die Löwen nicht gesehen hatte und sich erschreckte.
  • Der private Kochkurs von der liebenswürdigen Köchin unseres Hotels in Sri Lanka, wo wir die einzigen Gäste waren. 
  • Die vielen Wanderungen, die einem alle Kraft rauben. Das Gefühl am Ende anzukommen und die Aussicht zu genießen ist überwältigend. 

Was würdet ihr noch unbedingt machen wollen?

Leider haben wir dieses Jahr keine Zeit mehr noch mehr Länder zu bereisen, aber wir haben natürlich noch einige auf unserer Bucket List. Wir planen aber bereits nächstes Jahr nochmal nach Namibia zu fliegen und dieses Mal mit einem Camper durch den nördlichen Teil Namibias, Botswana bis zu den Viktoriafalls zu reisen. 

Ist es nicht anstrengend ständig zusammen zu sein?

Überhaupt nicht. Wir sind bereits seit 12 Jahren zusammen und kennen uns inzwischen ganz gut. Deswegen streiten wir uns auch relativ selten. Auf die Nerven geht man sich immer mal, aber dann macht Simon meistens Sport und ich lese oder arbeite am Blog.

Wie hat die Familie auf die Entscheidung zur Weltreise reagiert?

Wir haben mit unseren Familien und Freunden seit Jahren über unser Vorhaben gesprochen. Das war super so, denn so hatten alle Zeit sich darauf einzustellen und wir konnten auch keinen Rückzieher mehr machen. 😉 Können wir jedem raten. 

Vermisst ihr euer eigenes Bett?

Manchmal schon und nach einem Jahr unterwegs sein freuen wir uns auch auf unser zu Hause.

Wie habt ihr den Mut gefunden, in Zeiten der Pandemie loszufahren?

Wir hatten die Reise ja bereits einmal verschoben und wollten es dann aber unbedingt durchziehen. Wir waren zuversichtlich, dass die Welt sich nicht ewig im Lockdown verstecken kann und hatten mit unserem Van auch einen Plan B für Europa.

Würdet ihr aus heutiger Sicht bei der Planung der Reise etwas anders machen?

Ehrlich? Wir glauben nicht, dass wir nochmal im Hochsommer mit dem Van durch Südeuropa reisen würden. Es ist wunderschön, aber in der Ferienzeit auch völlig überlaufen und bietet dann doch nicht ganz so viele besondere Highlights. Und es war unerträglich heiß. 😀

Was würdet ihr denen raten, die eine Weltreise machen wollen würden?

Legt monatlich so viel Geld beiseite, wie ihr könnt und wenn der Zeitpunkt gekommen ist, macht es einfach und lasst euch nicht von Ängsten euren Mut nehmen. Sonst bereut ihr es vielleicht irgendwann den Schritt nicht gewagt zu haben. Wir haben nur dieses eine Leben und es wäre doch schade wenn man sich seine Träume nicht verwirklicht?!

Wir haben auf unserem Blog einen schönen Spruch von Paulo Coelho:

„Eines Tages wirst du aufwachen und keine Zeit mehr haben für die Dinge, die du immer tun wolltest. Tu sie jetzt“.

Wo kann man eure Reise verfolgen?

Wir haben einen Blog www.postcardmoments.de, auf dem wir fast jede Woche ein Weekly Update zu unserer Reise veröffentlicht haben. Und auf Instagram sind wir natürlich auch: postcardmomentsblog.


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