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Weltreise: Interview mit Amelie und Björn

Eine Weltreise trotz der Einschränkung durch den Rollstuhl? Schon in dem einleitenden Blogbeitrag zu den Voraussetzungen für die Weltreise habe ich mal erwähnt, dass es eigentlich nur drei Dinge für eine Langzeitreise braucht: den Mut zur Entscheidung, den Willen den Plan auch durchzuziehen und die Ungebundenheit.

Denn sicherlich gibt es Lebensumstände, die es einem nahezu unmöglich machen, kreuz und quer durch die Welt zu reisen. Man könnte meinen, ein Rollstuhl wäre so ein unlösbares Problem. Umso mehr war ich begeistert, als ich das Instagram Profil von Björn und Amelie entdeckt habe. Weil die zwei es uns allen zeigen, dass im Leben viel mehr möglich ist, als man vielleicht denkt.

Ihre Bucketlist, Budget und wie sie die Reise finanzieren verraten sie dir in dem spannenden Interview.


Wie lange seid ihr schon unterwegs und wie lange möchtet ihr insgesamt unterwegs sein?

Seit dem 03.07.2021 sind wir auf unserer Weltreise. 

Möchten? Am liebsten ohne festes Ende. Allerdings gibt es 2 Grenzen. Einmal das Budget und einmal die Hochzeit von Björns Bruder Anfang September 2022.

Wie reist ihr? Wie ist euer Reisestil?

Immer wenn es um die Kosten geht, bezeichnen wir uns als Low-Budget-Reisende. 

Wir lassen es gern langsam angehen. Das heißt: wir haben keine Zeitbegrenzung für ein Land, eine Stadt oder eine Gegend. Unsere Wunschländer haben wir uns vor der Reise ausgesucht, aber auch dabei sind wir flexibel. Innerhalb der Länder planen wir meist spontan (nur wenige Tage im Voraus). 

Wir versuchen so günstig wie möglich zu reisen. Hin und wieder sprengen wir jedoch auch mal unser Budget mit einem guten Essen, einer tollen Sehenswürdigkeit oder einer luxuriöseren Unterkunft.  Sofern es möglich ist, versuchen wir auf Flüge zu verzichten. Am liebsten reisen wir, wo es geht, mit dem Zug.

Seid ihr bisher mit dem gewählten Reisestil zufrieden?

Uns tut es gut in unserem eigenen Tempo zu reisen und wir sind mit unserem Reisestil bisher zufrieden. Falls das nicht mehr so sein sollte, passen wir es an.

Wann und wie habt ihr die Entscheidung getroffen, eine Weltreise zu machen?

Das war vor drei Jahren in einem Sushi-Laden in Düsseldorf im Medienhafen. Amelie hat die Idee ausgesprochen, aber Björn hatte sie wohl auch schon länger im Kopf. Also hatten wir ab da den gemeinsamen Traum und haben gleich am Essenstisch mit den Vorbereitungen begonnen. Dieses Jahr war es dann, wenn auch durch Corona etwas verzögert, endlich soweit.

Gab es einen Auslöser, einen Schlüsselmoment, für die Entscheidung?

Wir beide lieben das Reisen und zusammen macht es uns besonders viel Spaß. Eine längere Zeit im Ausland verbringen, wollten wir beide auch schon immer einmal. Jedoch haben wir die Chancen während oder nach der Schulzeit bzw. im Studium nie genutzt. 

Unsere Sehnsucht die Welt zu entdecken, musste einfach gestillt werden. Außerdem hatten wir beide das Gefühl, dass wir uns und unser Leben verändern wollten. Also warum nicht die Chance nicht ergreifen und auf Weltreise gehen? 

Wie lange habt ihr euch auf die Weltreise vorbereitet?

Gespart haben wir, seitdem wir es bei unserem Date im Restaurant vor drei Jahren beschlossen hatten. September 2020 haben wir langsam mit der medizinischen Vorbereitung angefangen und ein halbes Jahr vorher wurde es dann intensiver. 

Und ein Vierteljahr vorher haben wir dann richtig losgelegt und es blieb kaum Zeit für etwas anderes. Unsere Gedanken kreisten auch nur noch um die Reise. Ein Monat vorher haben wir dann zwischen Auszug und letzten Impfungen und medizinischen Checkups unseren Verabschiedungsmarathon gestartet. Das war eine sehr intensive Zeit!

Gab es besondere Herausforderungen bei der Vorbereitung?

Da wir nicht zur geplanten Zeit loskonnten und Corona sich ausgebreitet hat, mussten wir unsere Route und den Startzeitpunkt einige Male umändern. Kündigungsfristen und Behördenkram haben uns so manches graues Haar wachsen lassen. 

Nun und so manche uns nahestehenden Menschen hatten Sorgen. Das ein oder andere Gespräch zur Beruhigung haben wir da geführt. Björn hatte so einiges wegen seiner Behinderung und Hilfsmittel zu klären.

Habt ihr ein monatliches Budget festgelegt und wie hoch ist es?

Wir haben uns p.P.ein monatliches Budget von 1200€ gesetzt.

Wie hoch waren die Kosten für die Vorbereitung der Weltreise?

Ganz ehrlich, wir wissen es nicht mehr. 🙂 Was wir noch wissen, ist, dass jede(r) von uns einen Rucksack/Backpack gekauft hat. Amelie hat sich eine Regenjacke, ein Fleece und ein Surfshirt gekauft. Für Medikamente und behinderungsbedingte Hilfsmittel für Björn ist auch einiges draufgegangen. Für Impfungen hat er auch einen Anteil bezahlen müssen. 

Jede(r) von uns hat eine Auslandskrankenversicherung in Höhe von ca. 400€ abgeschlossen.

Viele sehr nützliche Gadgets, wie ein Besteck oder Hygienedinge, haben wir grandioser Weise geschenkt bekommen. Und zu guter Letzt hat die Auflösung unserer Wohnung als größter Posten einiges gekostet. 

Schätzungsweise hat jeder von uns ca.1500€ an Vorbereitungskosten gehabt.

Konntet ihr bis jetzt euer Budget einhalten?

Wir liegen nach einem Vierteljahr Weltreise etwas über unserem Budget. Aber wir werden das Ruder rumreißen ?

Wie finanziert ihr die Weltreise? Habt ihr geerbt oder im Lotto gewonnen?

Lotto? Schön wärs;) Wir haben gearbeitet und viel von unserem Gehalt gespart.

Wie steht es um eure Wohnung in der Heimat?

Unsere Wohnung haben wir gekündigt, da wir nach der Weltreise woanders neu anfangen möchten. Wo, das wissen wir noch nicht. Unser Hab und Gut ist eingelagert. Einiges haben wir verkauft oder verschenkt.

Habt ihr das Arbeitsverhältnis ruhen lassen oder doch gekündigt?

Wir haben beide gekündigt. Wir waren uns sicher, dass wir nach der Weltreise nicht wieder in unsere Jobs zurückkehren wollen. Es steht im Raum, dass wir uns nach der Weltreise beruflich neu erfinden. Wir möchten beide studieren. Amelie hat den Wunsch Medizin oder Psychologie zu studieren. Alternativ will sie ihren Master in Sozialer Arbeit machen. Björn ist sich über die Richtung noch nicht sicher.

Wie habt ihr euch für die Reiseroute entschieden?

Jede(r) hat sich 5 Wunschländer ausgesucht und 3 haben wir uns noch zusammen überlegt. Dann haben wir anhand der Länder eine Route erstellt und dabei versucht so wenig Regen wie möglich mitzunehmen. 

Coronabedingt haben wir die Route ein paar Mal geändert und auch jetzt bleiben wir spontan. 

Welche Länder habt ihr schon besucht und welche sind noch geplant?

Aktuell sind wir in Costa Rica. Davor waren spontan in Panama. Zunächst geplant war Ecuador, aber wir haben’s mit der Höhe nicht so und Panamá gefiel uns auch. Mit Costa Rica geht für Björn ein Kindheitstraum in Erfüllung.

Gestartet haben wir mit Sambia, dann spontan eine Städtereise durch Andalusien eingeschoben, um von Madrid günstig nach Peru zu fliegen.  Nach Costa Rica wird es dann nach Guatemala und Mexiko gehen und dann möchten wir nach Australien. Anschließend wollen wir noch einige Länder Asiens bereisen: Malaysia, Indonesien, Kambodscha, Vietnam… Mal gucken, was Corona zulässt.

Welcher Ort hat euch bisher am besten gefallen?

Schwierige Frage… Wir hatten in jedem Land unsere Highlights, aber auch Lowlights. Daher können und wollen wir das gar nicht an einem Ort festmachen. Es ist vielmehr eine Ansammlung von wunderschönen Momenten, die uns im Kopf bleiben.

Und welcher Ort oder welches Land hat euch überrascht?

Wir waren beide von der Vielseitigkeit von Panamá-Stadt begeistert. Geflasht hat Björn der Amazonas-Regenwald in Peru und Amelie war sehr angetan von dem South-Luangwa-Nationalpark in Sambia.  Aber auch Sevilla hat uns beide umgehauen. Und Lima fanden wir entgegen der Beschreibungen von vielen Reisenden auch sehr toll.

Habt ihr auf der Reise etwas Negatives erlebt oder euch bedroht gefühlt?

Amelie hatte mit einer Darminfektion und den Folgen davon wochenlang zu kämpfen.  Bedroht haben wir uns nie gefühlt. In Peru haben wir die Höhe über 3000m in den Anden beide nicht gut vertragen. Deswegen konnten wir unsere Zeit dort nicht so genießen.

Was war bisher der schönste Moment auf der Weltreise?

Für uns beide war die Frachterfahrt auf dem Amazonas in Peru eine fantastische Zeit. Wir haben uns dabei so unglaublich frei und unabhängig gefühlt.

Björn wird immer davon überwältigt sein, dass er im Regenwald im Peru unterwegs war. Er dachte immer, das sei nicht machbar im Rollstuhl. Als es dann doch klappte, ging für ihn ein Kindheitstraum in Erfüllung. Amelie hat den Moment, als die Elefanten den Luangwa-Fluss bei Sonnenaufgang und -Untergang überquert haben, und den Sound dazu für immer im Kopf.

Was würdet ihr noch unbedingt machen wollen?

Björn möchte am liebsten nochmal durch den Amazonas rollen. 

Amelie möchte gern nochmal in Afrika auf Safari, um einige ihrer Lieblingstiere live wiederzusehen.  Ansonsten wollen wir gern nochmal nach Sevilla und Lima. Als Foodies steht das Restaurant Central in Lima ganz oben auf unserer Wunschliste.

Ist es nicht anstrengend ständig zusammen zu sein?

Entgegen Amelies Sorgen vor der Reise, finden sie es gar nicht anstrengend 24/7 „aufeinander zu hocken“. Björn auch nicht, aber er hatte diese Sorgen auch nicht. 🙂  Wir beide sind gern auch mal für uns allein und genießen die Zeit dann unabhängig voneinander mit Musik hören, Sport, telefonieren… Danach freuen wir uns wieder aufeinander. 

Wie hat die Familie auf die Entscheidung zur Weltreise reagiert?

Mit gemischten Gefühlen. 

Bis zur Abreise gab es Sorgenfalten, aber jetzt sind es bei Telefonaten mit Familie doch meist die Lachfalten, die überwiegen. All unsere Freunde dachten sich eigentlich schon, dass wir sowas irgendwann mal machen. Sie fanden es alle cool und waren zum Teil aufgeregter als wir 🙂

Vermisst ihr euer eigenes Bett?

Amelie ja; Björn nein. 🙂

Wie habt ihr den Mut gefunden, in Zeiten der Pandemie loszufahren?

Dafür brauchten wir keinen Mut. Wir vertrauen auf unsere Impfungen und unsere Vernunft, mit der Pandemie und den Auswirkungen angemessen umzugehen. Auch wenn wir wissen, dass immer ein kleiner Teil nicht in unserer Hand liegen wird.  Aber das wird es auch mit anderen Dingen nicht. Das Leben bedeutet auch in gewissem Maße ein Risiko.

Würdet ihr aus heutiger Sicht bei der Planung der Reise etwas anders machen?

Wir würden unseren Verabschiedungsmarathon etwas kürzer halten oder besser verteilen. Am besten eine große Party feiern, wenn es möglich ist! 

Generell würden wir bei der tatsächlichen Vorbereitung eher anfangen. Wir stehen nicht so auf Stress und der kommt kurz vor Abreise so oder so auf… ?

Was würdet ihr denen raten, die eine Weltreise machen wollen würden?

Tut es! Ihr bereut es irgendwann, wenn ihr den Traum und die Möglichkeiten dazu habt, es aber doch nicht tut. 

Das Leben ist zu kurz, um schöne Dinge, die möglich sind, aufzuschieben! Es gibt so viel Schönes auf der Welt zu sehen!

Wo kann man eure Reise verfolgen?

Folgt uns gern auf Instagram. Dort heißen wir we_roll_the_world.

Unser Blog www.rolltheworld.de ist die ausführlichere Version unserer Reiseberichte. Dort halten wir alle Details unserer Abenteuer fest und gehen vor allem auf rollstuhlgerechtes Reisen ein. 


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Träumst du auch von einer Weltriese? Vielleicht sogar einer Reise ohne ein festes Ende? Jessi und Daniel haben ebenfalls den Traum der Weltreise verwirklicht und sind ganze 5 Jahre um die Welt gereist. Im kurzweiligen Film *verraten sie, wie es ist, so lange am Stück zu reisen.


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